Bauen

Hauptnorm zu barrierefreie Wohnungen

Die Planungsgrundlage für barrierefreie Wohnungen

ausgedruckten DIN 18040-2, Ordner mit der Aufschrift Richtlinien, Normen sowie einem Taschenrechner mit Stift

Wie können Wohnungen barrierefrei gebaut werden? Die in Deutschland geltenden, grundlegenden Empfehlungen enthält die „DIN 18040-2:2011-09 Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 2: Wohnungen“. Sie wird kurz „DIN 18040-2“ genannt. Viele ihrer Regelungen sind beim Bau von barrierefreien Wohnungen in Sachsen-Anhalt gesetzlich vorgeschrieben. In diesem Artikel erklären wir Ihnen den wesentlichen Inhalt der Norm. Außerdem erläutern wir Ihnen, welche Teile der Norm verpflichtend anzuwenden sind.

Der wesentliche Inhalt der DIN 18040-2

Die DIN 18040-2 enthält Empfehlungen, was bei der Planung barrierefreier Wohnungen beachtet werden sollte. Sie ist auch für die Außenanlagen anzuwenden, die der Erschließung des Gebäudes dienen. Dies können zum Beispiel Gehwege sein. Sie gilt aber auch für weitere Außenbereiche eines Gebäudes, die für die Nutzung der Wohnung wichtig sind.

Der Aufbau der DIN 18040-2

Der Aufbau der DIN 18040-2 lehnt sich an den Ablauf einer Gebäudeplanung an. Ein erster Abschnitt enthält Empfehlungen, die Antworten vor allem auf 2 Fragen geben:

  1. Kann das Gebäude barrierefrei betreten werden?
  2. Können die Bewohner barrierefrei in ihre Wohnungen gelangen?

Dieser Bereich wird Infrastruktur genannt.

Ein zweiter Abschnitt betrachtet die Wohnung selbst. Dieser Abschnitt enthält Anforderungen, die Antworten auf die Frage geben, ob eine Nutzung der Wohnung auch für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen möglich ist.

Formulierung von Zielen, die zu erreichen sind

Die konkreten Anforderungen an barrierefreie Wohnungen sind so formuliert, dass jeweils ein zu erreichendes Ziel vorgegeben wird. Diese Ziele werden „Schutzziele“ genannt. Beispiele für Schutzziele sind ausreichend große Bewegungsflächen, ein barrierefrei erreichbarer Eingang oder eine leicht zu öffnende Tür. Die Norm zeigt auch auf, wie diese Ziele erreicht werden können. Dies kann zum Beispiel durch bestimmte Flächen, durch zulässige, aufzubringende Kräfte oder durch andere technische Lösungen geschehen. Die Norm lässt auch andere Möglichkeiten der Umsetzung zu, die das Ziel ebenso gut erreichen.

Unterschiedliche Anforderungen für den Neu- und Umbau

Die DIN 18040-2 gilt unmittelbar nur für den Neubau. Die Norm legt aber fest, dass ihre Anforderungen sinngemäß auch bei Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden mit Wohnungen angewendet werden können.

Bei Baumaßnahmen im Bestand bedeutet dies, dass Sie bei der Planung zunächst von den Anforderungen für den Neubau ausgehen sollten. Lassen sich diese aufgrund der vorhandenen Bausubstanz nicht umsetzen, können Sie eine andere technische Lösung wählen, mit der das Schutzziel bestmöglich erreicht wird.

„Barrierefrei“ und „Barrierefrei und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar“

In den Anforderungen an die Barrierefreiheit trifft die DIN 18040-2 eine wesentliche Unterscheidung. Innerhalb der Wohnungen wird unterschieden zwischen

  • barrierefrei nutzbaren Wohnungen und
  • barrierefrei und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbaren Wohnungen.

Außerhalb der Wohnungen gilt immer einheitlich die barrierefreie und mit dem Rollstuhl uneingeschränkte Nutzung als Mindeststandard der Barrierefreiheit. Das betrifft auch die Wohnungseingangstür.

Barrierefrei gestaltete Wohnungen haben geringere Anforderungen, als Wohnungen, die mit einem Rollstuhl uneingeschränkt genutzt werden können. Die Mindestabmessungen sind auf den Bedarf von Menschen mit Hilfsmitteln wie Gehhilfen oder Rollatoren ausgerichtet. Die Nutzung eines Rollstuhls ist in solchen Wohnungen nur eingeschränkt möglich. Sie hängt stark vom Leistungsvermögen des Menschen ab, der den Rollstuhl nutzt. 

Eine dauerhafte Nutzung eines Rollstuhls innerhalb barrierefrei gestalteter Wohnungen wird durch folgende 3 Punkte erschwert: 

  1. Flurbreiten mit 1,20 Meter (m) anstelle von 1,50m sind ausreichend.
  2. Türen dürfen ein nutzbares Durchgangsmaß von 0,80m statt 0,90m haben.
  3. Ein Bewegungsraum von 1,20m * 1,20m im Bad und nicht von 1,50m * 1,50m gilt als ausreichend. Dies betrifft auch die Dusche.

Die Anfahrbarkeit eines WC-Beckens mit dem Rollstuhl muss bei einer barrierefrei nutzbaren Wohnung nicht gewährleistet sein. Nicht notwendig ist auch, zwischen Türgriff und seitlichen Bauteilen oder Ausstattungselementen einen Abstand von 0,50m zu berücksichtigen. Mit diesem Abstand wird gewährleistet, dass der Türgriff aus einem Rollstuhl heraus bedient und die Tür geöffnet werden kann.

Für barrierefreie und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbare Wohnungen definiert die DIN 18040-2 zusätzliche Anforderungen. Diese Anforderungen sind höher als die Anforderungen für barrierefreie Wohnungen. Sie sind in der Norm mit „R“ gekennzeichnet. 

Welche Normen sind in Sachsen-Anhalt verbindlich umzusetzen?

Die Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt verlangt, dass die Wohnungen barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Was konkret zu tun ist, um diese Vorgabe zu erfüllen, ist den „Technischen Baubestimmungen“ zu entnehmen. Diese veröffentlicht das für Bauen zuständige Ministerium des Landes Sachsen-Anhalt. Das ist derzeit das Ministerium für Infrastruktur und Digitales. Die veröffentlichten „Technischen Baubestimmungen“ sind zu beachten. Um die konkreten Anforderungen festzulegen, können die „Technischen Baubestimmungen“ auf Normen und Richtlinien verweisen. 

Für die Barrierefreiheit von Wohnungen verweisen die „Technischen Baubestimmungen“ auf die „DIN 18040-2:2011-09 Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 2: Wohnungen“. Mit einigen Ausnahmen erklären die „Technischen Baubestimmungen“, dass die Anforderungen der DIN 18040-2 einzuhalten sind. Ausgenommen sind:

  • alle Anforderungen an Treppen,
  • alle Anforderungen an das Warnen, Orientieren, Informieren und Leiten,
  • alle Anforderungen an barrierefreie und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbare Wohnungen („R-Wohnungen“),
  • alle Normen und Richtlinien, auf die in der DIN 18040-2 verwiesen wird.

Für Gebäude ab einer bestimmten Höhe verlangt die Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt Aufzüge. Diese müssen von allen Wohnungen in dem Gebäude und von der öffentlichen Verkehrsfläche aus stufenlos erreichbar sein. Das sind sie nach den „Technischen Baubestimmungen“ dann,

  • wenn alle zu durchquerenden Türen mindestens 0,90m breit sind,
  • wenn vor allen zu durchquerenden Türen die nach der DIN 18040-2 erforderliche Bewegungsfläche vorhanden ist und
  • wenn Rampen den Vorgaben der DIN 18040-2 entsprechen.

Außerdem erklären die „Technischen Baubestimmungen“, dass es ausreicht, wenn in jedem Wohn- und Schlafzimmer der Ausblick aus einem Fenster im Sitzen gewährleistet ist.

Typische Fragen

Stimmt es, dass in Sachsen-Anhalt das gesamte Gebäude, in dem sich Wohnungen befinden, und die Außenanlagen nicht uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar sein müssen?

Nein. Alle Bereiche außerhalb der Wohnungen müssen mit dem Rollstuhl uneingeschränkt nutzbar sein. Zu diesen Bereichen zählt auch die Wohnungseingangstür. Nur innerhalb von Wohnungen gilt die Unterscheidung zwischen „barrierefrei“ sowie „barrierefrei und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar“.

Der Flächenbedarf für „barrierefreie“ sowie „barrierefreie und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbare“ Wohnungen ist bei richtiger Planung nicht viel größer. Der Mehrbedarf der Wohnfläche und der Kosten lässt sich bei frühzeitiger und genauer Planung begrenzen. Die erforderlichen Bewegungsflächen dürfen sich überlagern. Die notwendige Bewegungsfläche neben einem WC darf zum Beispiel also auch ein Teil der notwendigen Bewegungsfläche für die Dusche sein. 

Wie jede Norm enthält die DIN 18040-2 nur Empfehlungen. Rechtlich sind Sie also nur dann an die Norm gebunden, wenn ihre Einhaltung gesetzlich vorgeschrieben, vertraglich vereinbart oder durch einen Bescheid festgelegt ist. Sind Sie an die Norm gebunden oder wollen Sie freiwillig die Norm einhalten, so gilt Folgendes: Wenn die DIN 18040-2 Schutzziele vorschreibt, müssen diese erreicht werden. Der Weg zur Erfüllung des Schutzzieles ist jedoch nicht festgeschrieben. Sie können also eine andere, gleichwertige Lösung wählen. Damit weichen Sie aber nicht von der Norm ab. Die Norm lässt eine solche Anwendung ausdrücklich zu.

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Zuletzt bearbeitet: 31. August 2022