Bauen

Öffentlich zugängliche Gebäude

Wann ist ein Gebäude öffentlich zugänglich?

eine Person betritt ein Gebäude

Immer wieder besteht Unsicherheit, wann ein Gebäude öffentlich zugänglich ist. Dabei ist es wichtig, dies zu wissen. Die Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt legt für öffentlich zugängliche Gebäude nämlich bestimmte Anforderungen der Barrierefreiheit fest. Für sogenannte „Träger der öffentlichen Verwaltung“ gibt es allerdings eine etwas abweichende, spezielle gesetzliche Regelung. Der Artikel soll dabei helfen, was unter einem öffentlich zugänglichen Gebäude zu verstehen ist.

Ganz allgemein gilt: Ob ein Gebäude von einem Amt, einer Behörde oder einer sonstigen öffentliche Stelle genutzt wird, hat nichts damit zu tun, ob es auch öffentlich zugänglich ist. Solche Gebäude können insgesamt öffentlich zugänglich sein. Dies kann aber auch nur in Teilen oder auch gar nicht der Fall sein. Umgekehrt können auch private Gebäude öffentlich zugänglich sein.

Wann ist ein Gebäude ganz oder in Teilen öffentlich zugänglich?

Die Formulierung „öffentlich zugängliches Gebäude“ stammt aus der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt. Das Gesetz selbst gibt nicht vor, wann ein Gebäude öffentlich zugänglich ist. Gerichte haben diese Frage aber geklärt. Entscheidend ist, zu welchem Zweck ein Gebäude oder auch nur einzelne Gebäudeteile genutzt werden dürfen. Die Rechtsprechung verwendet die Formulierung, zu welchem Nutzungszweck ein Gebäude „gewidmet“ ist. Maßgeblich ist der Wille der Person, die das Bestimmungsrecht über das Gebäude hat.

Dürfen in das Gebäude alle Menschen hinein, die es bestimmungsgemäß nutzen wollen? Dann ist es öffentlich zugänglich. Es kann aber auch in jedem Einzelfall eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob eine Person zugelassen wird. Dann ist das Gebäude nicht öffentlich zugänglich.

Öffentlich zugänglich sind damit typischerweise Gebäude, die für Massengeschäfte genutzt werden. Bei Massengeschäften kommt es gerade nicht auf die konkrete, einzelne Person an. Die zutrittsberechtigten Menschen sind nicht bekannt. Ein Einkaufsladen oder ein Frisörgeschäft aber auch die Antragsstelle einer öffentlichen Stelle sollen von allen aufgesucht werden können. Wer konkret kommt, ist nicht wichtig.

Kommt es aber gerade auf die konkrete Person an, dann ist die Nutzung des Gebäudes oder des Gebäudeteils nicht öffentlich zugänglich. Beispiele dafür sind Arbeitsstätten und Wohnungen. Sowohl Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen als auch Vermieter und Vermieterinnen wollen vorher wissen, mit wem genau sie einen Vertrag schließen.

Betrifft die öffentliche Zugänglichkeit immer das gesamte Gebäude?

Ein Gebäude kann sowohl öffentlich zugängliche Bereiche haben als auch solche, die nicht öffentlich zugänglich sind. Zum Beispiel kann es in einer Bank Bereiche geben, die von allen Kunden und Kundinnen aufgesucht werden dürfen. Diese Bereiche sind öffentlich zugänglich. Die Bereiche, die den Beschäftigten vorbehalten sind, sind es nicht.

Was gilt für "Träger der öffentlichen Verwaltung"?

Für „Träger der öffentlichen Verwaltung“ gibt es eine spezielle baurechtliche Regelung zur Barrierefreiheit im Behindertengleichstellungsgesetz Sachsen-Anhalt (BGG LSA). Die Träger der öffentlichen Verwaltung sollen Neu-, Um- und Erweiterungsbauten entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei gestalten. Eine Unterscheidung zwischen öffentlich zugänglichen Gebäudeteilen und solchen, die es nicht sind, gibt es nicht. Die Verpflichtung zur Barrierefreiheit bezieht sich damit auf den gesamten Neu-, Um- oder Erweiterungsbau, unabhängig davon, ob diese Bereiche öffentlich zugänglich sind oder nicht.

Für öffentliche zugängliche Gebäude gibt es aber eine spezielle Norm zur Planung der Barrierefreiheit. Dies ist die DIN 18040-1:2010-10 Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 1: Öffentlich zugänglichen Gebäude. Insofern kann die Unterscheidung zwischen öffentlich zugänglichen und nicht öffentlich zugänglichen Bereichen auch für Träger der öffentlichen Verwaltung eine Rolle spielen.

Wer „Träger der öffentlichen Verwaltung“ ist, definiert das Gesetz. Hierzu gehören zum Beispiel:

  • Ministerien,
  • Landesämter,
  • Gemeinden und
  • staatliche Universitäten.

Typische Fragen

Ein Fitnessstudio hatte sich gegen Auflagen zur Barrierefreiheit gewehrt. Es sei nicht verpflichtet, mit einem Menschen einen Vertrag zu schließen, der in seinem Studio Sport treiben möchte. So lautete die Argumentation. Daher sei das Studio nicht öffentlich zugänglich. Das Gericht überzeugte das nicht. Das Fitnessstudio stehe potentiell allen offen, die bereit seien, sich an die Nutzungsbedingungen zu halten. Damit sei es ein öffentlich zugängliches Gebäude. Daran ändere nichts, dass im Einzelfall ein Vertragsschluss abgelehnt werden könne.

Ja, Supermärkte sind öffentlich zugänglich. Alle dürfen den Supermarkt betreten, um etwas zu kaufen. Ihnen wird nur im Einzelfall der Zutritt verweigert. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn sie nicht bereit sind, eine vorgeschriebene Maske zum Schutz vor Infektionen zu tragen. Diese Eintrittsverweigerung im Einzelfall ändert an der grundsätzlichen allgemeinen, öffentlichen Zugänglichkeit nichts.

Ja, Hotelzimmer sind öffentlich zugänglich. Der Hotelbetreiber oder die Hotelbetreiberin legt allgemein fest, dass alle ein Zimmer mieten dürfen. Sie lehnen eine Miete nur im Einzelfall ab. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Gäste gegen die Hausordnung verstoßen. Die Ablehnung im Einzelfall ändert an der grundsätzlichen allgemeinen, öffentlichen Zugänglichkeit nichts.

Gerichtssäle sind öffentlich zugängliche Gebäudeteile. Die meisten Gerichtsverhandlungen sind öffentlich. Auf diese Weise sollen die Gerichte kontrolliert werden können. Ob eine Gebäude öffentlich zugänglich ist, richtet sich danach, wer das Gebäude betreten darf. Es kommt nicht darauf an, ob es Zugangskontrollen gibt.

Nein, Arbeitsstätten sind nicht öffentlich zugänglich. Dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin kommt es gerade darauf an, mit einer bestimmten Person einen Arbeitsvertrag zu schließen. Nur sie darf in der Arbeitsstätte tätig werden, nicht jede beliebige Person aus der Bevölkerung.

Wohnungen sind wie Arbeitsstätten nicht öffentlich zugänglich. Dem Vermieter oder der Vermieterin kommt es gerade darauf an, den Mietvertrag mit einer bestimmten Person zu schließen. Sie entscheiden in jedem Einzelfall, ob sie einen Mietvertrag abschließen wollen oder nicht.

Das Gebäude wäre nur dann öffentlich zugänglich, wenn es dazu bestimmt wäre, von allen betreten werden zu dürfen. Allein die bloße Möglichkeit, ein Gebäude faktisch betreten zu können, begründet keine öffentliche Zugänglichkeit. Entscheidend ist, dass diese Nutzung dem Willen der nutzungsberechtigten Person entspricht. Davon ist nicht auszugehen.

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