Digitales

Normen und Richtlinien

Regeln zur Umsetzung der Barrierefreiheit

zwei blaue Aktenordner auf einem Schreibtisch mit der Beschriftung Normen und Richtlinien, daneben das Deckblatt der Norm EN 301 549

Sie möchten eine barrierefreie Webseite umsetzen? Sie wissen aber nicht, was genau Sie beachten müssen? Hier helfen Normen und Richtlinien. Die wichtigsten Nachschlagewerke hierfür sind die Europäische Norm (EN) 301 549 und die Richtlinie „Web Content Accessibility Guidelines“, kurz WCAG. Wir geben Ihnen einen Überblick über die Zusammenhänge.

Anforderungen der Barrierefreiheit werden häufig in Normen oder Richtlinien festgelegt. Normen und Richtlinien enthalten Empfehlungen von Personen und Institutionen, die ein besonderes Interesse am Thema haben. Bei barrierefreien Webseiten sind das vor allem

  • Entwicklerinnen und Entwickler von Webseiten,
  • Verantwortliche von Webseiten und
  • Menschen, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind.

Die wichtigsten Empfehlungen für die barrierefreie Gestaltung von Webseiten enthalten

  • die Europäische Norm (EN) 301 549 und
  • die Richtlinie für barrierefreie Webinhalte (Englisch: Web Content Accessibility Guidelines, abgekürzt: WCAG).
     

Aufbau der EN 301 549 für barrierefreie Webseiten

Der Titel der EN 301 549 lautet „Barrierefreiheitsanforderungen für IKT-Produkte und -Dienstleistungen“. Aktuell gültig ist die Version 3.2.1 aus dem März 2021. Die Abkürzung lautet V3.2.1 (2021-03). Die Norm behandelt also nicht nur die Barrierefreiheit von Webseiten, sondern auch anderen Bereiche der Informations- und Kommunikationstechnologie. Dies sind zum Beispiel mobile Anwendungen oder Dokumente. In Anhang A Tabelle A.1 dieser Norm sind die Anforderungen für Webseiten tabellarisch aufgelistet. Diese beinhaltet auch Anforderungen für Dokumente, die auf Webseiten veröffentlicht werden. Dies können zum Beispiel PDF-Dateien sein.

Einen großen Teil der in Anhang A Tabelle A.1 aufgelisteten Anforderungen wurden aus den WCAG übernommen. In der aktuell gültigen Version 2.1 sind dies 50 Anforderungen. Die WCAG kennen 3 Stufen der Barrierefreiheit, auch Level genannt: A, AA und AAA. Die EN 301 549 V3.2.1 (2021-03) übernimmt davon die Stufen A und AA. Im Abschnitt Aufbau der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) wird noch einmal genauer auf die WCAG eingegangen. Auch die Bedeutung der Level wird hier weiter ausgeführt.

Welche Anforderungen müssen in Sachsen-Anhalt umgesetzt werden?

Normen und Richtlinien enthalten nur Empfehlungen. Sie müssen unter anderem dann verbindlich umgesetzt werden, wenn ein Gesetz es anordnet. Die Rechtslage in Sachsen-Anhalt ist auf der Seite Gesetzliche Grundlagen erläutert. Die Anforderungen für öffentliche Stellen in Sachsen-​Anhalt ergeben sich zum einen aus dem Behindertengleichstellungsgesetz Sachsen-Anhalt (BGG LSA). Zum anderen ergeben sie sich aus der Behindertengleichstellungsverordnung Sachsen-​Anhalt (BGGVO LSA). Die konkreten Paragrafen lauten: 

Demnach sind alle Anforderungen des Anhang A Tabelle A.1 der EN 301 549 V3.2.1 (2021-03) zu beachten.

Das Gesetz in Sachsen-Anhalt geht aber noch darüber hinaus. Dies wird in Paragraf 11 Absatz 3 BGGVO LSA definiert. Hier heißt es, dass „bestimmte Angebote“ auf einer Webseite 

  • die Anforderungen aus der Anlage zur BGGVO LSA „erfüllen“ müssen UND
  • ein „höchstmögliches Maß an Barrierefreiheit anstreben“ sollen. 

Mit „bestimmte Angebote“ sind Webseiten gemeint, die Interaktionen von Nutzenden ermöglichen. Beispiele sind 

  • ausfüllbare Formulare, 
  • die Durchführung von Zahlungsprozessen und 
  • die Möglichkeit von Authentifizierungs-, und Identifizierungsprozessen (Logins). 

Aber auch zentrale Einstiegs- und Navigationsangebote sind zur Umsetzung der eben erwähnten Anforderungen verpflichtet. Welche Angebote damit konkret gemeint sind, legt das Gesetz selbst nicht fest. Sie sind durch Auslegung des Gesetzes zu ermitteln. Für die Landesfachstelle für Barrierefreiheit sind zentrale Einstiegs- und Navigationsangebote zum Beispiel Startseiten. Aber auch Portalseiten, die auf andere, inhaltlich abgeschlossene Angebote verlinken wären passende Beispiele.

Die Anforderungen aus der Anlage der BGGVO LSA entsprechen den Anforderungen der Stufe AAA der WCAG 2.0. Das ist eine weiterhin geltende Vorgängerversion der aktuell geltenden WCAG 2.1. Diese müssen bei den zuvor genannten „bestimmten Angeboten“ angewendet werden. Eine Ausnahme von der Anwendungspflicht kommt nur in wenigen Fällen in Betracht. Werden die Anforderungen aus der Anlage zur BGGVO LSA nicht umgesetzt, ist dies in der Erklärung zur Barrierefreiheit anzugeben. Hier bieten wir Ihnen eine Erstellungshilfe für die Erklärung zur Barrierefreiheit.

Das „höchstmögliche Maß an Barrierefreiheit“ entspricht der Stufe AAA der aktuell geltenden WCAG 2.1. Bei den Anforderungen der Stufe AAA der WCAG 2.1 dürfte eine Ausnahme eher zulässig sein, weil diese Stufe „angestrebt“ werden soll. Auch hier ist aber die Anwendungsmöglichkeit zu prüfen. Es empfiehlt sich, in einem Vermerk festzuhalten, warum die Anforderung(en) nicht umgesetzt wurde(n). Wird die Stufe AAA nicht umgesetzt, ist dies in der Erklärung zur Barrierefreiheit anzugeben. Hier bieten wir Ihnen eine Erstellungshilfe für die Erklärung zur Barrierefreiheit.

Aufbau der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)

Die WCAG 2.0, beziehungsweise 2.1, unterteilen sich zunächst in 4 Prinzipien: wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust. Jedes Prinzip unterteilt sich weiter in Richtlinien und jede Richtlinie in Erfolgskriterien. Die Erfolgskriterien konkretisieren die Richtlinien. Insgesamt gibt es 13 Richtlinien mit 78 Erfolgskriterien. Jedes Erfolgskriterium ist einem Level zugeordnet: Level A, AA oder AAA. Die Level werden auch Konformitätsstufen genannt.

Diese Konformitätsstufen fassen unter Level A grundlegende Erfolgskriterien zusammen. Wenn Konformitätslevel AA erreicht werden soll, dann müssen auch die Erfolgskriterien aus Level A erfüllt sein. Soll das höchste Maß an Barrierefreiheit erreicht werden, also Level AAA, dann müssen alle 78 Erfolgskriterien umgesetzt werden. Die nachfolgende Grafik veranschaulicht den Aufbau noch einmal in einer Übersicht.

Grafische Übersicht zum Aufbau der WCAG. Unterteilung in 4 Prinzipien, 13 Richtlinien und 78 Erfolgskriterien. Klicken Sie auf das Bild für eine vergrößerte Darstellung.
Aufbau der WCAG 2.1 in 4 Prinzipien, 13 Richtlinien und 78 Erfolgskriterien. Klicken Sie auf das Bild für eine vergrößerte Darstellung.

WCAG-Kriterien im Detail

Die einzelnen Kriterien der WCAG 2.1 können Sie gezielt auf der Webseite des World Wide Web Consortium (W3C) nachlesen. Das W3C hat die WCAG erarbeitet. Dabei haben viele Unternehmen, Organisationen und auch private Personen mitgewirkt. Dort finden Sie eine Erklärung, was das Ziel eines jeden einzelnen Erfolgskriteriums ist. Auch das „Wie“ der Umsetzung wird erklärt und mögliche Wege aufgezeigt. Beachten Sie jedoch, dass diese Links aktuell nur in englischer Sprache bereitgestellt werden. Teilweise finden sich im Internet deutsche Übersetzungen.

Am Ende des Artikels haben wir zum Beispiel einen Link zum BITV-Test bereitgestellt. Dies ist eine Checkliste in deutscher Sprache. Sie basiert jedoch auf den Vorgaben der „Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung“, abgekürzt BITV. Diese Verordnung gilt für den Bund, jedoch nicht für Sachsen-Anhalt. Da die Inhalte in großen Teilen identisch sind, kann die Checkliste dennoch hilfreich sein.

Liste aller Richtlinien und Erfolgskriterien der WCAG 2.1 bis Level AA

Alle Richtlinien und Erfolgskriterien der WCAG 2.1 bis Level AA werden im Folgenden aufgelistet. Die einzelnen Erfolgskriterien verlinken auf die sogenannte Quick Reference der WCAG in englischer Sprache. Die Quick Reference ist eine Kurzübersicht der WCAG-Kriterien. Dort werden alle passenden Umsetzungstechniken verlinkt. Sie erklären, welche technischen Möglichkeiten es gibt, um das einzelne Erfolgskriterium zu erfüllen.

Wo finde ich praktische Tipps zur Umsetzung?

Wir haben Ihnen auf unserer Webseite eine Reihe von kurzen Checklisten mit Informationen zu einzelnen Themen zusammengetragen. Diese werden wir weiter ergänzen. Dort finden Sie Informationen und Hilfen zu verschiedenen Themen:

Zu einem Thema greifen meist mehrere Kriterien. Deshalb haben wir unsere Hinweise thematisch gebündelt. Die Einzelbetrachtung jedes Kriteriums wäre natürlich auch denkbar, wäre jedoch für die praktische Umsetzung unvollständig.
 

Typische Fragen

Auf der Seite des W3C finden Sie alle Kriterien der WCAG 2.1 mit Erläuterungen, wie diese umzusetzen sind (in Englisch). Die Quick Reference der WCAG 2.1 (externer Link öffnet in englischer Sprache neuem Fenster) ist eine Kurzübersicht der WCAG-Kriterien. Dort sind alle passenden Umsetzungstechniken verlinkt. Sie erklärt, welche technischen Möglichkeiten es gibt, um das einzelne Erfolgskriterium zu erfüllen. Sie können dort gezielt filtern. Möglich ist zum Beispiel die gezielte Suche nach Konformitätsstufen, also Level A, AA oder AAA, oder Techniken. Eine deutsche Übersetzung gibt es aktuell nicht.

Darüber hinaus ist auch die EN 301 549 (externes Dokument öffnet in englischer Sprache in neuem Fenster) zu nennen. Hier sind alle umzusetzenden Kriterien enthalten.

Die Überwachungsstelle des Bundes hat einen Artikel zum Thema WCAG 3.0 (externer Link öffnet in neuem Fenster) geschrieben. In diesem wird auf die geplanten Änderungen eingegangen.

Die WCAG 2.1 sind sehr umfassend und nur schwer in einer einzigen Checkliste abzubilden. Wir haben für Sie einzelne Themen als Checkliste zusammengefasst, die Sie nachlesen können. Es empfiehlt sich immer auch die Qickreferenz der WCAG 2.1 (externer Link öffnet in englischer Sprache in neuem Fenster) bei der Umsetzung der Barrierefreiheit zu nutzen. 

Darüber hinaus weisen wir auch gerne auf den BITV-Test (externer Link öffnet in neuem Fenster) hin, den es in deutscher Sprache gibt. Bitte beachten Sie, dass dieser Test nicht vollumfassend ist. Als Grundlage dieses Tests dient die BITV 2.0 und nicht das Gesetz von Sachsen-Anhalt (BGG LSA). Es werden zum Beispiel keine Anforderungen berücksichtigt, die über die WCAG 2.1 hinausgehen. Es fehlen auch einzelne Anforderungen aus der EN 301 549.
 

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Kathrin Wille
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