Bauen

Verpflichtung zu barrierefreien Wohnungen

Wann und in welchem Umfang müssen Wohnungen barrierefrei sein?

Grundrisse auf einem Laptop und auf dem Schreibtisch

Wer in Sachsen-Anhalt eine Baumaßnahme plant, muss die Landesbauordnung beachten. Für Ministerien, Landesämter, Gemeinden, staatliche Universitäten und andere Träger der öffentlichen Verwaltung gibt es eine weitere Verpflichtung. Diese bezieht sich auf das Behindertengleichstellungsgesetz Sachsen-Anhalt (BGG LSA). Wie beide Vorschriften in Bezug auf Wohnungen zu verstehen sind, erläutert der nachfolgende Artikel.

Wann müssen Wohnungen nach der Landesbauordnung barrierefrei sein?

Nicht jede Wohnung muss in Sachsen-Anhalt barrierefrei gebaut werden. Nur in Gebäuden, die mindestens 3 Wohnungen haben, müssen Wohnungen barrierefrei nutzbar und zugänglich gestaltet werden. Die Verpflichtung zur Barrierefreiheit betrifft dann alle Wohnungen eines Geschosses. Wohnungen in weiteren Geschossen müssen nicht barrierefrei sein. 

Diese Vorgabe gilt aber nur für bestimmte Bauvorhaben. Eine Verpflichtung zur Barrierefreiheit lösen zum Beispiel folgende Bauvorhaben aus:

  • Ein Gebäude wird mit mindestens 3 Wohnungen neu errichtet.
  • Ein Gebäude wird umgebaut. Die Bauordnung verwendet den Begriff „geändert“. Nach dem Umbau befinden sich in dem Gebäude erstmals mindestens 3 Wohnungen.
  • Die bisherige Nutzung des Gebäudes wird geändert. Danach bestehen in dem Gebäude mindestens 3 Wohnungen. Das ist zum Beispiel in folgender Situation der Fall: In einem Gebäude befinden sich bisher eine Arztpraxis und 2 Wohnungen. Die Arztpraxis soll nach einem Umbau als Wohnung genutzt werden. Das Gebäude besitzt dann 3 Wohnungen.

Maßnahmen zur Instandhaltung lösen keine Verpflichtung aus. Im Einzelfall kann es schwierig zu beurteilen sein, ob es sich bei einer Baumaßnahme um eine Instandhaltung oder einen Umbau handelt.

Was gilt, wenn ein Gebäude nicht nur Wohnungen hat?

Für die Beantwortung der Frage, ob Wohnungen barrierefrei sein müssen, kommt es nur auf die Anzahl von Wohnungen innerhalb eines Gebäudes an. Es spielt keine Rolle, dass ein Gebäude neben Wohnungen zum Beispiel auch öffentlich zugängliche oder andere Bereiche hat.
Beispiel: In einem neu gebauten Einkaufscenter befinden sich im Erdgeschoss Einkaufsläden und in den darüberliegenden Geschossen sind Wohnungen angeordnet. Alle Läden und natürlich auch die Wege dorthin sind öffentlich zugängliche Bereiche. Für sie gelten die Vorschriften zum barrierefreien Bauen von öffentlich zugänglichen baulichen Anlagen. Für die Wohnungen finden die Vorschriften zum barrierefreien Bauen von Wohnungen Anwendung. Informationen zur Barrierefreiheit öffentlich zugänglicher Gebäude finden Sie in unserem Artikel über öffentlich zugängliche Gebäude.

Wie viele Wohnungen müssen barrierefrei sein?

Wenn eine Verpflichtung besteht, Wohnungen barrierefrei zu bauen, müssen sämtliche Wohnungen eines Geschosses barrierefrei sein. Es kann frei gewählt werden, in welchem Geschoss die barrierefreien Wohnungen liegen sollen. In der Praxis wird es häufig das Erdgeschoss sein. Wenn sich im Extremfall in einem Geschoss nur eine Wohnung befindet, reicht es aus, wenn nur diese eine Wohnung barrierefrei gestaltet ist. Das gilt auch, wenn in anderen Geschossen weitere Wohnungen liegen. 

Liegen in jedem Geschoss mindestens 2 oder mehr Wohnungen, kann die geforderte Anzahl sämtlicher Wohnungen eines Geschosses auch über mehrere Geschosse verteilt werden. Beispiel: In einem Neubau liegen in jedem Geschoss 3 Wohnungen. Es sind 3 Wohnungen barrierefrei zu gestalten. Diese 3 Wohnungen können alle in einem Geschoss liegen oder in 2 oder 3 Geschossen.

Schwieriger ist zu berechnen, wie viele Wohnungen nach einem Umbau oder einer Änderung der Nutzung barrierefrei sein müssen. Das hängt davon ab, worauf sich der Umbau oder die Änderung der Nutzung bezieht. In einem Gebäude befinden sich bisher zum Beispiel eine Arztpraxis und 2 Wohnungen. Die Arztpraxis soll nach einem Umbau als Wohnung genutzt werden. Hat das Gebäude nur ein Geschoss, müssen alle 3 Wohnungen barrierefrei sein. Befindet sich die neue Wohnung, also die ehemalige Arztpraxis, im Erdgeschoss und die bisherigen Wohnungen im Obergeschoss gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder muss die neue Wohnung im Erdgeschoss barrierefrei gestaltet werden oder die beiden bisherigen Wohnungen im Obergeschoss.

Welche Anforderungen der Barrierefreiheit sind umzusetzen?

Die Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt verlangt, dass die Wohnungen barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Was konkret zu tun ist, um diese Vorgabe zu erfüllen, ist den „Technischen Baubestimmungen“ zu entnehmen. Diese veröffentlicht das für Bauen zuständige Ministerium des Landes Sachsen-Anhalt. Das ist derzeit das Ministerium für Infrastruktur und Digitales. Um die konkreten Anforderungen festzulegen, können die „Technischen Baubestimmungen“ auf Normen und Richtlinien verweisen. Weitere Einzelheiten erfahren Sie auf der Unterseite Normen und Richtlinien.

Ausnahmen von der Pflicht zur barrierefreien Gestaltung

Für barrierefreie Wohnungen gelten dieselben Ausnahmen wie für öffentlich zugängliche Gebäude. Bitte lesen Sie hierzu die entsprechenden Abschnitte in unserem Artikel gesetzliche Grundlagen von öffentlich zugänglichen Gebäuden.

Sonderregelung für Träger der öffentlichen Verwaltung

Träger der öffentlichen Verwaltung sind Dienststellen und sonstige Einrichtungen

  • des Landes Sachsen-Anhalt,
  • der Gemeinden,
  • der Gemeindeverbände in Sachsen-Anhalt sowie
  • die sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände unterstehen.

Für die Träger der öffentlichen Verwaltung besteht eine ergänzende Regelung im Behindertengleichstellungsgesetz Sachsen-Anhalt. Sie sollen ihre Neu-, Um- und Erweiterungsbauten barrierefrei gestalten. Dabei gelten die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Diese „Bauten“ der Träger der öffentlichen Verwaltung können auch Wohnungen sein. Nach Ansicht der Landesfachstelle für Barrierefreiheit handelt es sich bei der geltenden Planungsnorm für barrierefreie Wohnungen um eine anerkannte Regel der Technik. Sie trägt den Titel „DIN 18040-2:2011-09 Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 2: Wohnungen“. 

Bei der Regelung im BGG LSA handelt es sich um eine „Soll-Vorschrift“. Das bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Verpflichtung zur Umsetzung nur in dem Umfang besteht, wie es noch verhältnismäßig ist. Die dabei anzulegenden Maßstäbe sind ähnlich wie bei einer unverhältnismäßigen Mehrbelastung nach der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt zu beurteilen.

Weder die Regelung im BGG LSA noch die DIN 18040-2 machen Vorgaben, wie viele Wohnungen barrierefrei zu gestalten sind. Bei der Anzahl an vorzuhaltenden barrierefreien Wohnungen bleibt es daher bei den Vorgaben der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt. BauO LSA und BGG LSA sind nebeneinander anzuwenden.

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Klemens Kruse
Telefon: 0 39 23 / 7 51 - 69
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Zuletzt bearbeitet: 14. Februar 2024