Bauen

Normen und Richtlinien

Das Regelwerk für Barrierefreiheit

Technische Zeichnung mit Taschenrechner und Stift. Daneben liegt ein Aktenordner mit der Aufschrift Richtlinien und Normen.

Wie breit muss eine Tür für Rollstuhlnutzende sein? Wie findet sich ein blinder Mensch in einem Gebäude zurecht? Die Antworten auf diese Fragen sind in Normen und Richtlinien zusammengefasst. In diesem Artikel erhalten Sie einen Überblick, welche Normen und Richtlinien beachtet werden müssen.

Normen und Richtlinien sind beschlossene und allgemein gültige Regeln. Sie dienen der Lösung eines Sachverhaltes. Konkret geht es in diesem Artikel um den Baubereich. Normen und Richtlinien sind vorerst als Empfehlungen anzusehen, solange sie nicht Vertragsgrundlage sind. Verpflichtend werden sie, wenn sie einen Gesetzescharakter erhalten. Dies ist der Fall, wenn die Normen und Richtlinien zusätzlich in Verwaltungsvorschriften aufgenommen werden. Im Baubereich sind das die „Technischen Baubestimmungen des Landes Sachsen-Anhalt“.

Die technischen Regeln zur Schaffung von Barrierefreiheit sind für den Baubereich in einer Norm des Deutschen Instituts für Normung (DIN) zu finden. Konkret sind die Regeln in der DIN 18040 festgeschrieben. Sie trägt den Titel „Barrierefreies Bauen“. Diese Norm besteht aus drei Teilen. Der erste Teil ist die DIN 18040-1. Sie geht genauer auf die Anforderungen an Barrierefreiheit in öffentlich zugänglichen Gebäuden ein. Neben der DIN 18040 sind noch andere Normen und Richtlinien zu beachten.

DIN 18040-1 „Barrierefreies Bauen – Öffentlich zugängliche Gebäude“

Die DIN 18040-1 gilt für barrierefrei gestaltete öffentlich zugängliche Gebäude. Konkret regelt sie die Planung, Ausführung und Ausstattung. Sie ist auch für die Außenanlagen anzuwenden, die der Erschließung des Gebäudes dienen. Dies können zum Beispiel Gehwege sein, die zum Eingangsbereich des Gebäudes führen oder Außenbereiche des Gebäudes. Die DIN 18040-1 definiert sogenannte Schutzziele. Diese stellen die geringste Anforderung an Barrierefreiheit in einem Gebäude dar. Die DIN 18040-1 benennt auch Beispiele, wie diese Schutzziele erreicht werden können. Um die erforderlichen Schutzziele zu kennen, muss die Nutzung des Gebäudes bekannt sein. Aus der Nutzung ergeben sich die besonderen Merkmale der Gruppe der Nutzenden. 

Die DIN 18040-1 ist strukturiert aufgebaut. Sie lehnt sich dabei stark an den Ablauf einer Gebäudeplanung an. In einem ersten Abschnitt wird die Infrastruktur betrachtet. Es wird der Frage nachgegangen, ob alle notwendigen Längen, Breiten und Höhen beachtet sowie alle gestalterischen Anforderungen erfüllt sind.

Zwei Fragen sollen dabei geprüft werden:

  1. Kann das Gebäude barrierefrei betreten werden?
  2. Können Nutzende barrierefrei in alle ihnen zur Verfügung stehenden Nutzungseinheiten gelangen?

Ein zweiter Abschnitt betrachtet die Anforderungen an die einzelnen Räume. Hier soll folgende Frage geprüft werden: Ist eine Nutzung der einzelnen Räume für alle gleichberechtigt möglich?

Maßliches System

Als Grundlage für die geometrischen Anforderungen dient ein sogenanntes maßliches System. Dies findet sich in allen Mindestabmessungen wieder. Dieses System orientiert sich am Bedarf der verschiedenen Hilfsmittel. Dies können zum Beispiel Rollstühle, Rollatoren oder Gehilfen sein. Eine Rolle spielt auch der notwendige Platzbedarf. Dabei soll zum einen Begegnungen mit anderen Personen und deren Hilfsmitteln berücksichtigt werden. Zum anderen sind auch mögliche Wendebewegungen eingeplant. Bei barrierefreien öffentlich zugänglichen Gebäuden sind die Maße für Rollstuhlnutzende wichtig.

Wichtige Maße nach DIN 18040-1

Mindestplatzbedarf für einen stehenden Menschen mit Hilfsmitteln
  • Stehender Mensch mit einer Gehhilfe: 80cm
  • Stehender Mensch mit zwei Gehhilfen: 90cm
  • Breite Standardrollator: 60cm
  • Für Bewegung und Ellenbogen auf jeder Seite: 60cm + 10cm + 10cm = 80cm
  • Breite Standardrollstuhl: 70cm
  • Für die Hand auf beiden Seiten, die das Schwungrad des Rollstuhls bedient: 70cm + 10cm + 10cm = 90cm
  • Mindestbreite: 1,20m 
  • Diese Breite beinhaltet den Platzbedarf für die Rollstuhlnutzung von 90cm + einen Bewegungsfreiraum von 30cm für eine gefahrlose Vorwärtsbewegung
  • Für das Wenden oder Abbiegen in Türöffnungen ist eine Breite von 1,20m zu gering
  • Platzbedarf Standardrollstuhl: 90cm + Platzbedarf für eine stehende Person 60cm = 1,50m
  • Nach maximal 15m Länge muss sich der freie Platz auf 1,80m mal 1,80m für den Begegnungsverkehr mit weiteren Personen mit Rollstühlen oder Gehhilfen ausweiten

Platzbedarf Standardrollstuhl: 90cm + Platzbedarf Standardrollstuhl 90cm = 1,80m 

Anforderungen bei sensorischer Einschränkung

Neben motorischen Einschränkungen können Menschen auch sensorische Einschränkungen haben. Dies betrifft die Wahrnehmung verschiedener Sinne. Im Baubereich betrifft dies hauptsächlich das Sehen oder Hören. Die Kanäle, über die wir Informationen aufnehmen sind visuell, auditiv und taktil. In der DIN 18040-1 ist daher das sogenannte Zwei-Sinne-Prinzip verankert. Es beruht darauf, dass ein beeinträchtigter Sinn durch das Ansprechen eines anderen Sinnes kompensiert wird. Das bedeutet, dass zum Beispiel Blindheit durch Hören und Tasten ausgeglichen wird. Dagegen wird Taubheit durch Sehen und Tasten ersetzt.

Weitere Richtlinien

Neben den DIN-Normen liefern auch andere Richtlinien wichtige Hinweise und Vorgaben. Wir empfehlen, auch diese Richtlinien bei der Planung zu beachten. Dazu gehören zum Beispiel die Richtlinien des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI). Wir empfehlen die Informationen der VDI 6008 Blatt 1 bis 6. Weitere Regeln finden Sie in den „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ (ASR). Konkret empfehlen wir die ASR V3a.2 „Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten“.

Eine Forderung der DIN 18040-1 ist die Schwellenlosigkeit der Türen. Müssen alle Türen schwellenlos sein?

Alle Türen, die den allgemeinen Zugang zu öffentlich genutzten Bereichen ermöglichen, müssen schwellenlos sein. Die Zugänglichkeit zu öffentlich genutzten Bereichen eines Gebäudes muss barrierefrei gewährleistet werden. Eine Voraussetzung ist die Schwellenlosigkeit. 

Dies ist für Menschen notwendig, die eine Rollstuhl benutzen und nur schwer den Oberkörper und die Arme bewegen können. Der Arm befindet sich dann bereits in einer Höhe von 85cm. Daher sind das Greifen und die Bedienung für diese Personen leicht möglich. Die leichte Bedienbarkeit von Türen ist ein Schutzziel der DIN 18040-1. Alle Türen zu und in öffentlich zugänglichen Bereichen müssen eine Türklinkenhöhe von 85cm haben.

Die DIN 18040-1 formuliert Schutzziele. Diese Schutzziele müssen erreicht werden. Der Weg zur Erfüllung des Schutzzieles ist jedoch nicht festgeschrieben. Als Beispiel fordert die DIN 18040 als Schutzziel, die Sicherstellung der barrierefreien Erreichbarkeit und Nutzbarkeit von Sanitärräumen. Das beinhaltet auch die Nutzung des WC-Beckens. Zur Erreichung des Schutzziels wird in der DIN 18040-1 eine beidseitige Anfahrbarkeit des WC-Beckens beschrieben. Dafür muss rechts und links des WC-Beckens ein Platz von 90cm mal 70cm zur Verfügung stehen. Diese Forderung ist in der DIN 18040-1 in einem Raum dargestellt. Diese beidseitige Anfahrbarkeit kann auch erreicht werden, wenn zwei Sanitärräume zur Verfügung stehen. In beiden Sanitärräumen muss das WC-Becken nur von einer Seite mit einer Fläche von 90cm mal 70cm anfahrbar sein. In einem der beiden Sanitärräume ist dann das WC-Becken von links anfahrbar. Im anderen der beiden Sanitärräume ist das WC-Becken von rechts anfahrbar.

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